China und Vietnam

China

Seit 1994 bin ich fast jedes Jahr in China gewesen. Die Aufenthalte reichten von wenigen Tagen bis zu zweieinhalb Monaten. Ich habe dort zum ersten Mal das Bedürfnis empfunden, ein Tagebuch zu schreiben, um die vielfältigen Eindrücke festzuhalten, die ich jeden Tag gewonnen hatte. Ich hatte in China unterschiedliche Aufgaben: Insbesondere am Anfang war ich Referent auf Seminaren, die die Friedrich-Ebert-Stiftung in Beijing und Shanghai für chinesische Teilnehmer anbot. Im Vorfeld der großen chinesischen Arbeitsrechtsreform von 2007 war ich dann im Auftrag der GtZ (= Gesellschaft für technische Zusammenarbeit) als Berater tätig. Später wurde ich von chinesischen Universitäten eingeladen, um dort zwei bis vier Wochen über Arbeitsrecht oder Zivilrecht zu lehren.

Im Jahr 2011 und 2012 führte ich eine Reihe von Gesprächen mit dem Redakteur einer deutschsprachigen Zeitschrift, die von der Germanistenvereinigung herausgegeben wird. Die Gespräche hatten alle den Titel „Auf eine Tasse Tee“ und betrafen viele Erfahrungen mit dem Leben in China wie mit dem in Deutschland. Sie vermitteln auch einen Eindruck darüber, was man sagen und schreiben kann. Sie sollen hier an der Spitze stehen.

Es folgen dann zwei Beiträge über meine Erfahrungen mit den Arbeitsbeziehungen, die zugleich eine erste Einführung darstellen sollen. Die beiden werden ergänzt durch Links auf drei kleinere frei im Netz verfügbare Bücher, die aktuelle Fragen aufgreifen und die auf Englisch und Chinesisch geschrieben sind.

Der folgende Abschnitt ist dem Arbeitsrecht gewidmet und gibt verschiedene Beiträge wieder, die zusammen mit Dr. Wang Qian, Professorin an der Tongji-Universität Shanghai, geschrieben wurden. Es schließt sich ein eigener Beitrag über die Besonderheiten des chinesischen Rechtssystems und ein mit Wolfgang Müller geschriebener Beitrag über chinesische Arbeitgeber in Deutschland an.

Am Ende stehen chinesische Übersetzungen von Veröffentlichungen über deutsches Arbeitsrecht, die insbesondere für chinesische Studenten in Deutschland von Nutzen sein können.

Ein über Videokonferenzen diskutiertes Gemeinschaftspapier informiert über Plattformökonomie in China und Deutschland und macht rechtspolitische Vorschläge. Es trägt den Titel: Platform Economy in China and Germany. Labour Law Policy Recommendations for Decent Work und nennt als Autoren: Prof. Li Kungang, Anhui University (Author), Prof. Wolfgang Däubler, Universität Bremen (Co-Author), Prof. Dr. Wang Qian, Shanghai University of Political Science and Law. (Co-Author), Prof. Rüdiger Krause, Universität Göttingen (Contributor), Dr. Anne-Katrin Primas, Universität Göttingen (Contributor). Das Papier wurde im Februar 2023 veröffentlicht.

Ein weiteres Gemeinschaftspapier diskutiert die für die Rente maßgebende Altersgrenze. Diese liegt in China für Männer bei 60 Jahren, bei Arbeiterinnen bei 50 und bei weiblichen Angestellten bei 55 Jahren. Rentner können bisher kein Arbeitsverhältnis abschließen, sondern nur als freie Mitarbeiter tätig sein. Der Reformbedarf liegt scheinbar auf der Hand, doch muss man hier sehr vorsichtig vorgehen. Die Autoren sind auf der Titelseite ausgewiesen.

 

 

Vietnam

Seit 2002 war ich fast jedes Jahr mindestens eine Woche im Auftrag einer deutschen Stiftung zu einem Beratungseinsatz in Vietnam. Die dortigen Arbeitsbeziehungen sind einerseits durch „wirtschaftsfriedliche“ Gewerkschaften, andererseits durch zahlreiche nichtgewerkschaftliche Arbeitsniederlegungen charakterisiert. Die Streiks zu gewerkschaftlichen zu machen, war das Fernziel der Beratungen – wobei Ansprechpartner das Arbeitsministerium (MOLISA), der „Bund der Werktätigen Vietnams“, d. h. die offizielle Gewerkschaft, sowie der Arbeits- und Sozialausschuss der Nationalversammlung waren.

Über den jeweiligen Aufenthalt war ein Bericht zu schreiben; die Berichte aus den Jahren 2009, 2010 und 2011 sind als erste beigefügt. Über die Erfahrugen im Jahre 2008 informiert das hier wiedergegebene Interview auf Vietnamesisch und auf Deutsch, sowie der Bericht in WOZ (DIE WOCHENZEITUNG) Nr. 18 v. 1.5.2008 S. 10.

Die bis 2013 gemachten Erfahrungen gingen in den Beitrag „Der Kampf um ein soziales Grundrecht – Erfahrungen in Vietnam“ ein, der in dem Buch Devetzi/Janda (Hrsg.), Freiheit – Gerechtigkeit – Sozial(es) Recht, Festschrift für Eberhard Eichenhofer, Baden-Baden 2015, S. 104 ff. veröffentlicht wurde. Er ist hier im Original mit Genehmigung des Nomos-Verlags beigefügt.

Eine etwas veränderte Sicht liegt einem Beitrag unter dem Titel „Trade Union Pluralism in Vietnam – Coping with Informal Associations“, zugrunde, der in dem Sammelband Traub und Pringle (eds.), Trade Unions in Transition, Berlin 2018, S. 149 ff.  erschienen ist. Auf der Grundlage der sich jedes Jahr wiederholenden Streiks haben sich mittlerweile informelle Organisationen gebildet, die die eigentlichen Interessenvertretungen darstellen, während die offiziellen Gewerkschaften eher mit Arbeitnehmerkammern zu vergleichen sind. An diesem Zustand hat auch die Arbeitsrechtsreform vom November 2019 nichts geändert.

Gewerkschaften und informelle Organisationen haben sich bei der Pandemiebekämpfung gut ergänzt: S. den Aufsatz von Buckley. Über den aktuellen Stand informiert der Beitrag in Sozialismus Heft 12/2023 S. 50 – 56