HERZLICH WILLKOMMEN!
Die Philosophen haben die Welt nur verschieden interpretiert; es kommt aber darauf an, sie zu verändern. Dieser Gedanke eines bekannten Ökonomen und Philosophen aus Trier lässt sich auch auf die Rechtswissenschaft übertragen.
Die Aktivitäten eines Einzelnen können immer nur ein Beitrag zu sozialen Prozessen sein. Sie sind hier für einen Zeitraum von fast 60 Jahren dokumentiert. Bücher und wissenschaftliche Aufsätze werden schrittweise aufgenommen. Der Einstieg muss aber nicht über sie erfolgen. Bewusst sind auch Kolumnen und andere kleinere Beiträge zugänglich gemacht, die für ein nicht-juristisches Publikum geschrieben sind.
Wie sich das Zusammenspiel von Rechtswissenschaft und Praxis vollziehen kann, wird insbesondere unter der noch unfertigen Rubrik „Soziale Bewegungen und Gerichtsverfahren“ behandelt. Wer sich für die alternative Welt Chinas interessiert, kann auf dieser Webseite gleichfalls einige Anregungen erhalten.
Unter „Aktuelles“ finden sich derzeit Videos und Interviews zur Corona-Krise, zur Leiharbeitskampagne, zum Gesetz über die Fleischwirtschaft und zu 100 Jahren Betriebsverfassung.
Aktuelles
Ein Gruß aus China
Leiharbeitskampagne: Wichtiger Erfolg
Das Bundesarbeitsgericht hat am 16.12.2020 dem Europäischen Gerichtshof in Luxemburg die Frage vorgelegt, ob die schlechtere Bezahlung von Leiharbeitnehmern im Vergleich zu Stammarbeitskräften mit der Leiharbeitsrichtlinie der EU vereinbar ist. Um was es dabei genau geht, ist unter Soziale Bewegungen und Gerichtsverfahren geschildert. Die Presseerklärung des Bundesarbeitsgerichts befindet sich hier; es folgt ein kurzer Kommentar. Über das Verfahren hat am 16.12.2020 auch das ARD-Mittagsmagazin berichtet (ab Minute 30:45). Der SWR berichtete ebenfalls.
Das Gesetz über die Fleischwirtschaft verbietet den Einsatz von Werkvertragsarbeitnehmern, von Soloselbständigen und – von wenigen Ausnahmen abgesehen – auch von Leiharbeitern. Dazu und zu weiteren Fragen der prekären Beschäftigung hier das ARD-Fernsehinterview.
Auch in China gibt´s Neues
Am 1. Januar 2021 tritt das neue chinesische BGB (“Zivilgesetzbuch der Volksrepublik China”) in Kraft. Viele Regelungen erscheinen uns vertraut.
In diesem Gesetzeswerk findet sich im Buch IV (“Persönliche Rechte”) auch ein Abschnitt 6: “Recht auf Privatsphäre und Schutz persönlicher Informationen”. Deutsche und chinesische Fassung hier. Mit “persönlichen Informationen” sind personenbeziehbare Daten gemeint.
Dieser neue Datenschutz soll durch ein spezielles Datenschutzgesetz ausgebaut werden. Dabei gibt es auch Forderungen nach einem speziellen Arbeitnehmerdatenschutzgesetz. Aus diesem Grund veranstaltete die Tongji-Universität Shanghai am 10.12.2020 per Video ein Seminar, wo die Argumente ausgetauscht wurden. Meine zweisprachige Powerpoint-Präsentation ist im Folgenden wiedergegeben.
Digitale Montagsdemonstration gegen Stuttgart 21
Ab Minute 21:26 Interview mit Prof. Däubler u.a. zu den Covid-19 Infektionen auf der Bahnhofsbaustelle
Betriebsrats-Tipps zur Corona-Krise
#ifbinterviews
BR-Arbeit und Corona-Krise
Prof. Däubler im Gespräch
Betriebsratsarbeit in Krisenzeiten
Fragen zur Arbeitszeit
Informationen zur Covid-19 Arbeitszeitverordnung
Gute Arbeitsbedingungen
Reicht es aus, wenn Angela Merkel sich bei den “Corona Heldinnen” bedankt?
Kurzarbeit in der Corona-Krise
Die Corona-Krise hat massive wirtschaftliche Auswirkungen. Kurzarbeit wird in vielen Betrieben unvermeidbar werden. Ab sofort ist es deutlich leichter, Kurzarbeit für einen Betrieb zu beantragen. Ohne Betriebsrat geht es allerdings nicht. Hier das Wichtigste auf einen Blick.
Grundsätzlich trägt der Arbeitgeber das Betriebsrisiko: Er muss seinen Beschäftigten auch in wirtschaftlich schlechten Zeiten das volle Entgelt bezahlen. Bei Auftragseinbrüchen ist er dazu oft nicht mehr in der Lage.
Für solche »vorübergehenden« Krisen ist die Kurzarbeit gedacht: Um betriebsbedingte Kündigungen zu vermeiden, wird die Arbeitszeit verkürzt und das Entgelt entsprechend reduziert. Wird die Arbeit komplett eingestellt, wie derzeit in vielen Betrieben in Folge der Corona-Pandemie, spricht man auch von Kurzarbeit Null.
Die Arbeitnehmer erhalten für die ausfallenden Stunden von der Bundesagentur für Arbeit Kurzarbeitergeld. Auf diese Weise bleiben die Arbeitsplätze erhalten. Ob Kurzarbeit in Frage kommt, hängt davon ab, ob die Voraussetzungen für das Kurzarbeitergeld gegeben sind (siehe dazu unter 2).
Im Zuge der Rettungsmaßnahmen für die Wirtschaft in Folge der Corona-Krise werden die Voraussetzungen für das Kurzarbeitergeld deutlich gelockert werden. Kurzarbeitergeld kann nun bereits beantragt werden, wenn folgende Voraussetzungen vorliegen:
- 10 % der Beschäftigten müssen vom Arbeitsausfall betroffen sein (vorher mussten es 30 % sein)
- Sofern Vereinbarungen zu Arbeitszeitschwankungen bestehen, müssen diese nicht mehr vorab abgebaut werden
- Leiharbeitnehmer erhalten Kurzarbeitergeld
- Die Bundesagentur für Arbeit erstattet die Sozialversicherungsbeiträger komplett, die normalerweise Arbeitgeber für die Beschäftigten zahlen müssen
Dies sieht ein Gesetz vor, das die Bundesregierung ermächtigt, noch im April rückwirkend zum 1. März 2020 eine Verordnung zu erlassen.
In Betracht kommt Kurzarbeit nicht nur bei Schließung des Produktionsbetriebes. Hintergrund kann auch die Schließung eines vom Publikumsverkehr betroffenen Betriebsteils, wie ein Ladengeschäft, sein. Auch in der Verwaltung kann Kurzarbeit eingeführt werden.
Auch dann, wenn eine Messe oder ein anderer Betrieb mit großer Öffentlichkeit nicht aufgrund behördlicher Anordnung, sondern auf behördliche Empfehlung hin abgesagt oder geschlossen wird, kommt Kurzarbeit in Betracht.
Achtung: soll eine Betriebsstilllegung allerdings nur prophylaktisch erfolgen, dann werden die Voraussetzungen für das Kurzarbeitergeld wahrscheinlich nicht vorliegen. Der Betriebsrat sollte es also vermeiden, in diesen Fällen eine Betriebsvereinbarung abzuschließen.
Auch in Zeiten der Corona-Krise darf der Arbeitgeber Kurzarbeit nicht einseitig kraft seines Direktionsrechts anordnen. Und es reicht auch nicht aus, dass die Voraussetzungen für das Auszahlen des Kurzarbeitergelds nach SGB III vorliegen (siehe unter 2). Vielmehr benötigt der Arbeitgeber eine Rechtsgrundlage, um Kurzarbeit anordnen zu können, da es sich um einen Eingriff in das individuelle Arbeitsverhältnis handelt. Eine Rechtsgrundlage kann der Arbeitsvertrag, ein Tarifvertrag oder aber eine Betriebsvereinbarung sein.
Die Betriebsvereinbarung wird in den meisten Fällen die geeignete Rechtsgrundlage darstellen. Eine Betriebsvereinbarung ist zudem deshalb notwendig, da die Anordnung der Kurzarbeit nach § 87 Abs. 1 Nr. 3 BetrVG mitbestimmungspflichtig ist.
Allerdings muss eine Kurzarbeiter-Betriebsvereinbarung bestimmten Anforderungen genügen. Unbedingt müssen Betriebsräte darauf achten, dass Kurzarbeit nur dann möglich ist, wenn den Arbeitnehmern das Kurzarbeitergeld auch tatsächlich ausgezahlt wird.
Keinesfalls darf eine Betriebsvereinbarung den Arbeitgeber pauschal ermächtigen, die Details der Kurzarbeit wie deren Umfang und die Auswahl der für Kurzarbeit in Frage kommenden Personen selbst zu bestimmen. Vielmehr muss die Betriebsvereinbarung selbst präzise Vorgaben enthalten, innerhalb derer der Arbeitgeber eine Einzelfallanordnung treffen kann. Jedenfalls müssen benannt sein: die Bestimmung von Beginn und Dauer der Kurzarbeit, die Regelung der Lage und Verteilung der Arbeitszeit sowie die Kriterien für die Auswahl der betroffenen Arbeitnehmer.
Für die Zeit der Kurzarbeit erhält der Beschäftigte das durch die Reduzierung der Arbeitszeit entsprechend anteilsmäßig geminderte Arbeitsentgelt („Kurzlohn“). Daneben erhält er von der Bundesagentur für Arbeit ein Kurzarbeitergeld als Entgeltersatzleistung. Geht der Betrieb allerdings auf „Kurzarbeit Null“ und stellt die Arbeit komplett ein, so erhält der Beschäftigte vom Arbeitgeber keinerlei Gehalt mehr.
Das Kurzarbeitergeld beträgt 60 % des durch Kurzarbeit ausgefallenen Netto-Arbeitsentgelts (= sog. Nettoentgeltdifferenz) bzw. 67 %, wenn der Betroffene oder sein nicht getrennt lebender Ehegatte ein Kind zu versorgen hat. Das konjunkturelle Kurzarbeitergeld wird maximal für 12 Monate gezahlt.
Achtung: Die Betriebsräte sollten unbedingt darauf achten, dass der Arbeitgeber den betroffenen Beschäftigten einen Nettoentgeltzuschuss zum Kurzarbeitergeld bezahlen, damit das wirtschaftliche Risiko nicht komplett auf den Arbeitnehmer abgewälzt wird. Sonderzahlen (Urlaubsgeld, Weihnachtsgeld) oder die Leistungen des Arbeitgebers zur betrieblichen Altersversorgung sollten weiterhin vom Arbeitgeber geleistet werden.
Das vollständige Interview finden Sie auf der Seite des Bund Verlags
100 Jahre Betriebsverfassung
Demokratie darf nicht am Werkstor enden
Vortrag zu “100 Jahre Betriebsrätegesetz” beim Bildungswerk ver.di in Niedersachsen e.V.
100 Jahre Betriebsverfassung
Prof. Wolfgang Däubler und Prof. Michael Kittner blicken im ersten Bund-Verlags Podcast zurück. Was haben wir erreicht? Vor welchen Herausforderungen stehen wir? Und vor allem: Wie gehen wir sie an?
Geschichte der Betriebsverfassung
Däubler/Kittner, Frankfurt/Main (Bund-Verlag), 621 S.
100 Jahre sind seit dem Betriebsrätegesetz 1920 vergangen. Michael Kittner greift weit hinter dieser Datum zurück und analysiert die Entwicklung bis 1945. Ich schließe daran an und behandle das, was bis zur Gegenwart passiert ist. Dazu gehört auch die ganz andere Struktur in der DDR sowie die Auseinandersetzungen um das BetrVG 1972 und die kleinen Schritte, die seither unternommen wurden. Die Kooperation zwischen uns beiden Autoren war konstruktiv und harmonisch; jeder findet sich auch im Text des anderen wieder.